Altenlingener Forst

Am 12. Februar 2009 wurde im Lingener Stadtrat mit der Mehrheit der CDU-Fraktion beschlossen, einen Bebauungsplan für den Altenlingener Forst aufzustellen, um dort 100 Hektar Wald abzuholzen – trotz und gegen insgesamt 95 Sammelstellungnahmen sowie 43 Einzelstellungnahmen sowie vier Einsprüchen öffentlicher Institutionen, wie zum Beispiel vom Landesforstamt. Zu diesem Zeitpunkt stimmten 30 von 42 Ratsmitgliedern für den Beschluss des sog. Bebauungsplans 20 (B-Plan 20).

Seit damals besteht und kämpft in Lingen (Ems) die „Bürgerinitiative Pro Altenlingener Forst e.V.“! Sie setzt sich für den Erhalt des Waldes in Lingen ein, insbesondere des Altenlingener Forstes als Naherholungsgebiet und als Schutzwald in Richtung BP-Erdölraffinerie.

Sofort nach dem Beschluss wurde trotz aller Bedenken, wie in einer Nacht- und Nebelaktion und auf Veranlassung des früheren Lingener Oberbürgermeisters und Ratsvorsitzenden Heiner Pott (CDU), eine erste ca. 6 ha große Fläche vom Baumbestand befreit und gerodet und es wurden Teile von Erschließungsanlagen gebaut. Insgesamt gab es bereits zu diesem Zeitpunkt hierfür keine gültige Rechtsgrundlage, und somit wurde der B-Plan 20 viel später, nach der Klage eines Bürgers, durch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen für ungültig erklärt.

Die Stadtverwaltung versuchte, den Missgriff zu beheben und legte am 25. Februar 2014 den Bebauungsplan 22 (B-Plan 22) vor, mit dem insgesamt eine Einigung mit allen Beteiligten hätte erzielt werden können. Der B-Plan 22 umfasste genau nur die bereits gerodeten Flächen.

Ende 2015 strebte sie dann jedoch unvermittelt an, den ursprünglichen Bebauungsplan 20 hinsichtlich der Vorgaben des Oberverwaltungsgerichtes anzupassen und somit zu „heilen“, weil für den 2014 auf den Weg gebrachten neuen Bebauungsplan 22 aufgrund gesetzlicher Änderungen höhere Naturschutzauflagen einzuhalten gewesen wären als für einen „geheilten“ B-Plan 20.

Gegen die Stellungnahme der Bürgerinitiative und gegen die Stimmen der Fraktion „Die BürgerNahen“ beschloss der Lingener Stadtrat am 26. November 2015 den ursprünglichen B-Plan 20 nachträglich zu heilen – was man aber gar nicht wollte. Die Ratsmehrheit erklärte vielmehr, man wolle den geheilten Bebauungsplan unmittelbar auf den Umfang des B-Plan 22 verringern. Dies war und ist rechtlich nicht zulässig, da ein Stadt- oder Gemeinderat nur solche Bebauungspläne aufstellen darf, die auch gewollt sind.

In einem Versuch die Kooperation der Mitglieder der Bürgerinitiative sicherzustellen, sicherte Oberbürgermeister Krone (parteilos) in einem eher denkwürdigen Treffen am 21. Dezember 2015 zu, keine weiteren Eingriffe im Altenlingener Forst zuzulassen. Oberbürgemeister Krone hatte neben Vertretern der BP-Raffinerie, von den Medien lediglich einen Redakteur der Lingener Tagespost und aus dem Stadtrat allein den Fraktionsvorsitzenden der CDU-Mehrheitsfraktion, Herrn Uwe Hilling, eingeladen. In diesem Gespräch wiederholten die Vertreter der Bürgerinitiative die bekannten Forderungen, unter welchen man dem Flächenverkauf an die BP-Erdölraffinerie zustimmen könne:

  1. Die 2009 gerodete Fläche von ca. 6 ha soll exklusiv nur an die BP verkauft  werden; eine Erweiterung der Zuggleisanlage darf nur bei nachgewiesenem Bedarf für BP erfolgen
  2. Es erfolgt ein Rückschnitt des B-Planes 20 auf die Flächen und Ziele des (beabsichtigten) B-Planes 22 innerhalb eines Jahres ab in Krafttreten des B-Planes 20
  3. Vollständiger Verzicht auf die Möglichkeit eines sog. Güterverkehrszentrum (GVZ) im Altenlingener Forst; Herausnahme der Klassifizierung GVZ aus allen Planungen
  4. Eine langfristige und nachhaltige Absicherung des verbliebenen Waldes, verbindlich festgehalten im Flächennutzungsplan, in städtischen Entwicklungskonzepten, als Festlegung in evt. B-Plänen und als Festlegung im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP)

Vor diesem Treffen im Rathaus hatte Oberbürgermeister Krone jedoch bereits einen Vertrag zwischen der stadteigenen Grundstücks- und Erschließungsgesellschaft mbh (GEG) und der BP schließen lassen. Die Bürgerinitiative war gleichwohl bereit, den Streit zu beenden, falls die genannten Punkte ohne jeden Abstrich umgesetzt würden.

Der Vorschlag der BürgerNahen, rechtsverbindlich einen städtebaulichen Vertrag zu schließen, wurde abgelehnt.

Im Mai 2016 stellte die Bürgerinitiative fest, dass es keine Übereinstimmung mehr zwischen dem Vorgehen und den vereinbarten Gesprächsinhalten gab, obwohl diese in einem Protokoll festgehalten wurden. Die gerodete Fläche wurde vollständig mit Gewerbe-und Industrieflächen beplant. Somit könnten die Flächen jederzeit und zukünftig baulich genutzt werden, ausreichend wäre hierfür lediglich die Genehmigung durch die Stadt Lingen (Ems). Von einer langfristigen und nachhaltigen Sicherung des verbliebenden Waldes kann somit keine Rede sein.

Eine solche Nutzung des Bebauungsplans 20 stellt das Gegenteil von dem dar, was zuvor zwischen Bürgerinitiative, Oberbürgermeister und CDU-Fraktionsvertreter besprochen und vereinbart wurde; der Wald wird droht zum Spielball zukünftiger Verwaltungen und politischer Mehrheiten zu werden.

Das Vertrauen der Bürgerinitiative zur Stadtverwaltung als ausführendes Organ des Stadtrates und zu den Vertretern der CDU-Mehrheitsfraktion ist zerstört, heißt es inzwischen.


Die BürgerNahen stehen dafür ein, dass Wälder und Naturräume geschützt werden, nicht zuletzt der Altenlingener Forst. Wir werden daher die Straßenplanung quer durch den Altenlingener Forst stoppen. Politik und Verwaltung müssen verlässlich handeln und dürfen den Bürger nicht zum Spielball werden lassen, sondern müssen berechtigte Interessen schützen und unterstützen.

Die schlechte Verwaltungsarbeit hatte auch negative finanzielle Auswirkungen. Im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages erwarb die Grundstücks- und Erschließungsgesellschaft mit Geldern der BP vom Land Niedersachsen den Altenlingener Forst. Der Wert der Flächen wurde nach Verabschiedung des später für unwirksam erklärten B-Planes voreilig mit 30 Euro/qm bilanziert. Soviel sei der Quadratmeter abgeholzten und gerodeten früheren Waldgeländes jetzt wert; dadurch entstand ein hoher Bilanzgewinn mit entsprechenden Steuerzahlungen. Als das Oberverwaltungsgericht dann den Bauungsplan 20 für unwirksam erklärte, hieß Kommando zurück. Jetzt wurden die Flächen mit lediglich 8 Euro/qm bewertet; dadurch entstand ein hoher Bilanzverlust, der mit einer großen Finanzspritze aus Steuermitteln aufgefangen wurde. Insgesamt ein dilettantischer Umgang mit Bilanzen und Steuern.